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Erbrecht

In einer Vorsorgevollmacht kann nicht auf gerichtliche Genehmigung bei freiheitsbeschränkenden Maßnahmen verzichtet werden

By 1. Juli 2015März 31st, 2021No Comments

Wer sich über die Errichtung einer Vorsorgevollmacht Gedanken macht, denkt oft auch darüber nach, welche Folgen die Vollmacht auf sein späteres Leben hat, insbesondere welche Rechte der Bevollmächtigte hat.
Hiermit einher geht oft die Frage, welche Regelungen der Vollmachtgeber treffen kann und darf, bzw. welche persönlichen Rechte er auf den Bevollmächtigten übertragen kann.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 10.06.2015 über eine solche Frage entschieden und festgestellt:
In einer Vorsorgevollmacht kann nicht auf gerichtliche Genehmigung bei freiheitsbeschränkenden Maßnahmen verzichtet werden

Den vollständigen Artikel und die Pressemitteilung des Gerichts finden Sie über diesen Link auf unsere Serviceseite
www.patientenverfuegungen-vorsorgevollmachten.de

Eine Frau hatte ihrem Sohn eine Vorsorgevollmacht erteilt. Dort war u.a. geregelt:
„soweit gesetzlich zulässig, in allen persönlichen Angelegenheiten, auch soweit sie meine Gesundheit betreffen, sowie in allen Vermögens-, Steuer- und sonstigen Rechtsangelegenheiten in jeder denkbaren Hinsicht zu vertreten und Entscheidungen für mich und an meiner Stelle ohne Einwilligung des Vormundschaftsgerichts zu treffen und diese auszuführen bzw. zu vollziehen.“
Unter „§ 3 Bereich der gesundheitlichen Fürsorge und des Selbstbestimmungsrechts“ heißt es zur Unterbringung:
„Die Vollmacht berechtigt dazu, meinen Aufenthalt zu bestimmen. Die Generalvollmacht umfasst auch die Befugnis zu Unterbringungsmaßnahmen im Sinne des § 1906 BGB, insbesondere zu einer Unterbringung, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, zur sonstigen Unterbringung in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung sowie zur Vornahme von sonstigen Freiheitsentziehungsmaßnahmen durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente o.a. auch über einen längeren Zeitraum.“

Die Frau erreichte die Pflegestufe III. Nachdem sie mehrfach aus einem Stuhl oder ihrem Bett auf den Boden gefallen war und sich dabei Verletzungen zugezogen hatte, willigte der Sohn in Ausübung der Vollmacht ein, Gitter am Bett der Mutter zu befestigen und diese tagsüber mit einem Beckengurt im Rollstuhl zu fixieren.
Das zuständige Amtsgericht hat die Einwilligung des Sohnes in die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen genehmigt.

Was sich für den Laien zunächst liest, als ob alles „im grünen Bereich“ sei, zeigt ein juristisches Dilemma.
In dem Fall stellte sich die Frage, ob eine Genehmigung durch das Gericht erforderlich war, oder die Bevollmächtigung des Sohnes ausreicht um die (freiheitsbeschränkenden) Maßnahmen zu rechtfertigen.

Das BVerfG hat entschieden, dass eine Bevollmächtigung zu freiheitsbeschränkenden Maßnahmen durch eine Vorsorgevollmacht nicht möglich ist. Solche Maßnahmen unterliegen dem Richtervorbehalt.

Das Verfassungsgericht führt hierzu u.a. aus:
Die gesetzliche Verpflichtung, vor zusätzlichen Freiheitsbeschränkungen trotz Einwilligung der durch Vorsorgevollmacht Bevollmächtigten eine gerichtliche Genehmigung der Einwilligung einholen zu müssen, greife zwar in das Selbstbestimmungsrecht der aus Art. 2 Abs. 1 GG ein. Dieses Recht werde jedoch nicht uneingeschränkt gewährleistet. Daher sei die gesetzliche Regelung in § 1906 Abs. 5 BGB, wonach vor zusätzlichen Freiheitsbeschränkungen eine gerichtliche Genehmigung einzuholen sei, verfassungsgemäß und zu beachten.

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