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Allgemein

Rechte des Mieters nach einem Wohnungsbrand

By 29. November 2014April 6th, 2021No Comments

Der Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet, dass ein Mieter, der fahrlässig einen Schaden verursacht, vom Vermieter dessen Beseitigung verlangen kann, wenn eine Versicherung deren Kosten vom Mieter mitgetragen werden, eintrittspflichtig ist.

Auf den ersten Blick erscheint die Situation absurd.

Ein Mieter verursacht in der Wohnung einen Brand
und der geschädigte Vermieter soll den Schaden beseitigen.

Tatsächlich geht es um etwas anderes.
Der Mieter hat einen Schaden verursacht. Es gibt eine Versicherung, die grundsätzlich für diesen Schaden eintrittspflichtig wäre. Hierbei handelt es sich um die Gebäudeversicherung des Vermieters. Der Vermieter meint, seine Versicherung nicht in Anspruch nehmen zu müssen. Die Kosten für diese Versicherung wurden vorliegend -wie rechtlich ohne weiteres zulässig und üblich- anteilig nach Mietvertrag auf die Mieter umgelegt. Der BGH hat klargestellt, dass der Mieter, der über die Kostenumlage die Versicherung (mit-)bezahlt auch Anspruch auf den hiermit bereitgestellten Versicherungsschutz hat.

Weiter besteht für den Fall, dass der Vermieter die Inanspruchnahme dieser Versicherung verweigert ein entsprechender Anspruch des Mieters auf Schadensbeseitigung direkt gegen den Vermieter und soweit sich die Schadensbeseitigung verzögert auch Anspruch auf Minderung wegen des nicht ordnungsgemäßen Zustandes der Wohnung.

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Der Wortlaut der Pressemitteilung des Gerichts:

„Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage beschäftigt, ob ein Mieter, der einen Brand in der gemieteten Wohnung leicht fahrlässig verursacht hat, die Beseitigung des Schadens vom Vermieter verlangen kann, wenn der Schaden durch eine Wohngebäudeversicherung abgedeckt ist, deren Kosten der Mieter getragen hat.

Die Kläger begehren von der Beklagten, ihrer Vermieterin, die Beseitigung eines Brandschadens in der von ihnen gemieteten Wohnung. Darüber hinaus begehren sie die Feststellung, bis zur Beseitigung dieses Schadens zu einer Minderung der Miete berechtigt zu sein. Brandursache war, dass die damals 12-jährige Tochter der Kläger am 7. März 2012 Öl in einem Kochtopf auf dem Herd erhitzt, sodann die Küche bei eingeschalteter Herdplatte zeitweise verlassen und sich das Öl währenddessen entzündet hatte. Die Haftpflichtversicherung der Kläger verwies die Beklagte an deren Gebäudeversicherung. Eine Inanspruchnahme ihrer Gebäudeversicherung – deren Kosten nach dem Mietvertrag anteilig auf die Kläger umgelegt werden – lehnte die Beklagte jedoch mit der Begründung ab, dies führe zu einem Ansteigen der Versicherungskosten für den Gesamtbestand ihrer Mietwohnungen. Auch die von den Klägern geforderte Beseitigung des Brandschadens lehnte die Beklagte ab, da ein Mieter, der Mietmängel schuldhaft verursacht habe, weder einen Mangelbeseitigungsanspruch noch eine Minderung der Miete geltend machen könne.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten – die zwischenzeitlich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht die Brandschäden beseitigt hatte – ist weitgehend erfolglos geblieben; das Berufungsgericht hat lediglich die Minderungsquote herabgesetzt und mit Rücksicht auf einen für die Schadensregulierung benötigten Zeitraum den Beginn der Minderung später angesetzt.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Mieter erwarten, als Gegenleistung für die (anteilig) von ihm getragenen Versicherungsprämien im Schadensfall einen Nutzen von der Versicherung zu haben. Deshalb ist ein Rückgriff des Versicherers auf den Mieter nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch einen stillschweigenden Regressverzicht ausgeschlossen, wenn der Vermieter die Wohngebäudeversicherung in Anspruch nimmt, so dass der Mieter im Ergebnis so steht, als hätte er die Versicherung selbst abgeschlossen. Der Vermieter hat dagegen im Regelfall kein vernünftiges Interesse daran, anstelle der Versicherung den Mieter in Anspruch zu nehmen. Vielmehr ist der Vermieter aufgrund dieser Interessenlage regelmäßig verpflichtet, auf die Versicherung zurückzugreifen oder gegenüber dem Mieter auf Schadensersatz zu verzichten.

In Fortentwicklung dieser Rechtsprechung hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs nunmehr entschieden, dass der Mieter (hier die Kläger) in einem derartigen Fall vom Vermieter auch die Beseitigung der Brandschäden verlangen und gegebenenfalls die Miete mindern kann; die Revision der Beklagten ist deshalb zurückgewiesen worden.

Den Vermieter trifft nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB die Pflicht, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Diese Pflicht entfällt zwar grundsätzlich, wenn der Mieter den Schaden selbst schuldhaft verursacht hat. Dies gilt nach der heutigen Entscheidung aber nicht, wenn – wie hier – eine für den Schaden eintrittspflichtige Wohngebäudeversicherung besteht, deren Kosten auf den Mieter umgelegt worden sind. In diesem Fall ist der Vermieter grundsätzlich gehalten, die Versicherung in Anspruch zu nehmen und den Schaden zu beseitigen. Denn der Mieter kann auch in dieser Konstellation erwarten, dass ihm seine Aufwendungen für die Wohngebäudeversicherung im Schadensfall zu Gute kommen.
Der Senat hat offen gelassen, ob der Vermieter ausnahmsweise nicht auf die Inanspruchnahme der Versicherung verweisen werden kann, wenn damit eine erhebliche Erhöhung der Versicherungsprämien verbunden wäre, denn es fehlte nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts insoweit an einem konkreten Vortrag der Beklagten hinsichtlich einer zu erwartenden Beitragserhöhung.
Urteil vom 19. November 2014 – VIII ZR 191/13“

Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 19.11.2014 Nr. 170/2014